Nachhaltig und zukunftssicher temperieren
Natürliche Kohlenwasserstoffe als klimaschonendes Kältemittel
Kohlenwasserstoffe – gut für das Klima und investitionssicher
Die Entscheidung für ein Kältemittel in einem Temperiergerät ist oftmals komplex und ein Kompromiss zwischen verschiedenen Faktoren. Je nach Anwendung müssen chemische, thermodynamische, fluiddynamische und physikalische Eigenschaften berücksichtigt werden. Darüber hinaus wird der Umwelteinfluss zunehmend relevanter – und das nicht erst seit Inkrafttreten der EU F-Gase Verordnung. Eine ausgezeichnete Energieeffizienz bei gleichzeitig bekannter Umweltverträglichkeit bieten natürliche Kältemittel. Die Peter Huber Kältemaschinenbau SE setzt seit vielen Jahren auf Kohlenwasserstoffe in ihren Kältemaschinen und zählt damit zu den Wegbereitern für umweltverträgliche Temperiertechnik.
In der Vergangenheit wurden in der Kälteindustrie vor allem FKW-Kältemittel wie R134a, R507A und R404A eingesetzt. Diese Kältemittel sind nicht brennbar und weisen gute thermodynamische Eigenschaften im Tieftemperaturbereich bis ca. -50 °C auf. Für diese synthetisch hergestellten fluorierten Gase (F-Gase) wird die Umweltverträglichkeit anhand des Ozonabbaupotentials ODP (Ozone Depletion Potential) und des Erderwärmungspotentials GWP (Global Warming Potential) bestimmt.
EU F-Gase Verordnung
Während das Montreal-Protokoll von 1987 die Gase mit Ozonabbaupotential einschränkte, bezieht sich die aktuelle EU F-Gase Verordnung (EU NR. 517/2014) auf die Gase mit Erderwärmungspotential. Die F-Gase Verordnung hat das Ziel, bis zum Jahr 2030 die Höchstmenge der jährlich in Verkehr gebrachten Kältemittelmengen auf 21 % zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Höchstmenge seit 2016 in einem Phase Down-Prozess (→ Abb. 1) schrittweise reduziert. Parallel zum Phase Down werden für verschiedene Anwendungen zusätzliche GWP Obergrenzen festgelegt. Temperiergeräte werden als ortsfeste Kälteanlagen eingestuft und dürfen ab dem 01.01.2020 einen GWP von maximal 2500 aufweisen. Ausgenommen hiervon sind Geräte mit einer Arbeitstemperatur unterhalb von -50 °C.
Alternative Kältemittel
Bereits in den frühen 70er Jahren sammelte Unternehmensgründer Peter Huber erste Erfahrungen mit natürlichen Kältemitteln. In den Folgejahren wurden zahlreiche Seriengeräte mit Propan R290 und Propen R1270 entwickelt und international auf den Markt gebracht. Diese Kältemittel besitzen kein Ozonabbaupotential und nur ein geringes Treibhauspotential (GWP = 2-3). Doch trotz aller Pionierarbeit stehen manche Anwender den natürlichen Kältemitteln noch immer skeptisch gegenüber. Hauptgrund hierfür sind Sicherheitsbedenken aufgrund der Entflammbarkeit. Dass diese Bedenken unbegründet sind, belegen die tausendfach verkauften und unfallfreien Laborgeräte von Huber. Die kompakten Umwälzkühler (Unichiller, Minichiller, → Abb. 2), Prozessthermostate (Petite Fleur, Tango) und Kältethermostate (KISS, Ministat, etc.) werden seit vielen Jahren serienmäßig mit Propan R290 oder Propen R1270 ausgestattet. Die Kältemittelfüllmengen bei diesen Modellen liegen unter 150 g, weshalb in der Regel keine Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind. Auch größere Temperiersysteme, wie z.B. der Unistat 610 mit einer Füllmenge von 2,2 kg, sind auf Kundenwunsch mit natürlichem Kältemittel erhältlich. Hierbei sind jedoch betreiberseitige Maßnahmen zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften notwendig. Je nach Aufstellungsort und Verwendungszweck muss u.a. eine geeignete Belüftung gewährleistet sein und ein Gaswarnsensor installiert werden.
Eine echte Alternative zu natürlichen Kältemitteln gibt es nicht. Es sind derzeit keine nicht brennbaren und nicht giftigen synthetischen Kältemittel mit vergleichbaren physikalischen Eigenschaften bekannt. Das gilt auch für die neue Gruppe der HFO Kältemittel (Hydrofluorolefine) wie z.B. R1234yf. Diese Kältemittel weisen zwar ein geringes Erderwärmungspotential auf, sind jedoch ebenfalls brennbar. Die Klassifizierung im Sicherheitsdatenblatt macht folglich keine Unterschiede, d.h. die Risikobetrachtung muss für brennbare synthetische Kältemittel in gleichem Umfang erfolgen, wie für brennbare natürliche Kältemittel. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Kälteindustrie zunehmend brennbare Kältemittel einsetzt, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Der Nachteil der Brennbarkeit ist dadurch nicht weiter den natürlichen Kältemitteln vorbehalten, sondern betrifft genauso Kältemaschinen mit synthetischen Kältemitteln.
Gegen synthetische HFO Kältemittel spricht zudem das Zersetzungsprodukt Trifluoressigsäure (TFA). In verschiedenen Studien, die den Eintrag von Trifluoressigsäure aus dem atmosphärischen Abbau von R1234yf untersuchten, wurde eine Erhöhung der TFA-Konzentration in der Umwelt nachgewiesen. TFA ist als stark wassergefährdend eingestuft und schwer abbaubar. Obwohl der Einsatz von R1234yf das Treibhauspotential vermindert, ist in der Gesamtbetrachtung eine zusätzliche Umweltbelastung zu befürchten. Hinter der Zukunft von HFO Kältemitteln steht deshalb ein Fragezeichen.
Die Verfügbarkeit kann bei synthetischen
Kältemitteln zum Problem werden.
Bei der Anschaffung eines Temperiergerätes ist es daher durchaus angebracht, die langfristige Investitionssicherheit zu prüfen. Dabei kann die Verfügbarkeit von synthetischen Kältemitteln zum Problem werden. Die Marktturbulenzen in jüngster Zeit haben gezeigt, dass Preise über Nacht explodieren können und im ungünstigsten Fall ein Kältemittel gänzlich vom Markt genommen wird. Ob sich die Gesetzeslage in den nächsten Jahren weiter verschärft, ggf. über die heute bekannten Beschränkungen hinaus, kann niemand vorhersagen. Es sollte deshalb genau geprüft werden, ob die Kälteanlage auch in 5, 10 oder 15 Jahren noch betrieben und gewartet werden darf. Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln sind diesbezüglich auf der sicheren Seite.
Kältemittel R290 im Praxiseinsatz
In der Praxis zeigen natürliche Kältemittel gegenüber ihren synthetischen Derivaten erhebliche Vorteile. Das Kältemittel R290 weist sehr gute thermodynamische Eigenschaften auf. Vorteile sind u.a. geringe Druckverluste in Rohrleitungen und Wärmetauschern, der niedrige Energiebedarf bei der Verdichtung, die geringere Menge an benötigtem Kältemittel und eine gute Materialverträglichkeit. Das Betriebsverhalten ist sogar deutlich besser als das von R507A, R404A und dem Ersatzkältemittel R449A. Die Entsorgung von R290 gestaltet sich ebenfalls einfacher als bei synthetischen Stoffen. Da es sich bei Propan um einen natürlichen Stoff handelt, kann dieser kontrolliert in die Atmosphäre entlassen werden.
Die Fallstudie eines Petite Fleur Prozessthermostaten (→ Abb. 3) an einem 2-Liter Glasreaktor zeigt die Leistung eines Gerätes mit dem natürlichen Kältemittel R290. Der Umwälzthermostat erreicht eine Kälteleistung von 0,48 kW und deckt einen Temperaturbereich von -40 bis +200 °C ab. In der Fallstudie wurden ein Abkühl- und Aufheizvorgang dokumentiert. Die Fallstudie zeigt, dass der kleine Petite Fleur den Mantel innerhalb von 70 Minuten von +100 °C auf -20 °C abkühlt. Die Grafik (→ Abb. 4) belegt die Präzision und Stabilität des Kühlvorgangs.
Der nächste Schritt: CO2 als Kältemittel
Mit der Vorstellung der CO2-Modelle (GL-Reihe, "Green Line") hat Huber den nächsten Schritt bei der Entwicklung von umweltverträglichen Temperierlösungen vollzogen. Die Geräte arbeiten mit CO2 (Kohlendioxid, auch R744) als Kältemittel. Das farblose, unter Druck verflüssigte Gas besitzt kein Ozonabbaupotential und hat mit einem GWP = 1 ein vernachlässigbares Treibhauspotential. Der Marktanteil von CO2-Kälteanlagen wächst seit Jahren rapide, denn die thermodynamischen Vorzüge von CO2 sowie die gute Verfügbarkeit und Sicherheit sprechen für sich und ermöglichen eine zukunftssichere Planung.
Fazit
Natürlichen Kältemitteln gehört die Zukunft. Ganz gleich was im Labor temperiert bzw. gekühlt werden muss – von der Destillationsapparatur über das Analysegerät bis hin zum Forschungsreaktor – mit natürlichen Kältemitteln wird zu einer positiven Umweltbilanz beigetragen. Einschränkungen bei der Leistungsfähigkeit gibt es nicht und auch die Sicherheitsbedenken sind bei fachgerechtem Betrieb unbegründet. Bei der Auswahl eines Temperiergerätes sollten Anwender bedenken, dass das Gerät viele Jahre im Einsatz sein wird. In dieser Zeit hat das Kältemittel wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch. Eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Wahl des Kältemittels macht spätere, aufwendige Umrüstungen überflüssig und schützt vor zusätzlichen Investitionen aufgrund neuer Verordnungen und Gesetze.
Aktionsprogramm „Umwelt Plus“
Bereits in den 70er Jahren entwickelte Peter Huber die ersten Kältemaschinen mit natürlichen Kältemitteln. 1982 wurde das Aktionsprogramm „Umwelt Plus“ ins Leben gerufen, welches sämtliche Belange im Bereich Umweltschutz umfasst und schon früh die Weiterentwicklung ressourcenschonender Temperiertechnik forcierte. Bereits 1993 konnten Huber-Kunden mit FCKW-freien Temperiergeräten arbeiten, viele Jahre vor dem gesetzlich festgelegten Ausstiegstermin. Nach und nach wurden die Standardmodelle auf natürliche Kältemittel umgestellt. Heute ist nahezu das gesamte Laborgerätesortiment serienmäßig mit natürlichen Kältemitteln ausgerüstet. 2018 wurden über 90 % aller verkauften Temperiergeräte mit natürlichen Kältemitteln ausgeliefert. Selbst größere Anlagen sind optional mit natürlichen Kältemitteln erhältlich.